Notfall Lawine: Verschüttetensuche
Wirst du von einer Lawine erfasst, bist du Passagier und befindest dich ich in potenzieller Lebensgefahr. Selbstständige Rettungs- und Befreiungsversuche können zwar erfolgreich sein, in den meisten Fällen bist du
06.09.2023
Bei der Entscheidung, ob ein Freeride Run möglich ist oder nicht, ist zunächst ein grundlegendes Verständnis darüber ausschlaggebend, was eine Abfahrt gefährlich macht. Welches Risiko dann letztendlich eingegangen wird – also ob gefahren wird oder nicht , kann und muss jeder*jede Freerider*in eigenverantwortlich entscheiden.
Die Risikobeurteilung beim Freeriden geht klar in Richtung des Denkmodels GKMR (Gefahr/Konsequenz/Maßnahme/Risiko), das von Chris Semmel und Benjamin Reuter entwickelt wurde. „Klassische“ Reduktionsmethoden (Snowcard, GRM, Stop or Go o. Ä.), die lediglich Hangneigung und Gefahrenstufe in Relation setzen, sind im Freeridebereich wenig bis nicht praktikabel. Zum einen bewegen Freerider*innen sich häufig im ständig befahrenen Gelände, und zum anderen wird bei den „klassischen“ Reduktionsmethoden das Gelände nicht berücksichtigt. Doch gerade beim Freeriden ist das permanente Bewerten und bestmögliche Ausnützen des Geländes zur Risikoreduktion Standard.
Das Denken in Gefahr und Konsequenz ist in der allgemeinen Risikodefinition systematisiert. Sie setzt sich aus Eintrittswahrscheinlichkeit einer bestimmten Gefahr und dem Schadensausmaß zusammen, die gemeinsam das Risiko ergeben. Dieses Risiko kann dann mit entsprechenden Maßnahmen reduziert bzw. vermieden werden.
Bezüglich Risikobeurteilung beim Freeriden dreht sich meist alles um die Lawinengefahr. Dabei werden andere, wesentlich wahrscheinlichere Gefahren gerne ausgeblendet. Bei einer guten Risikobeurteilung müssen diese aber genauso berücksichtigt werden. So können schlechte Sicht, komplexes Gelände, geringe Schneeauflage, Kälte, Wind und andere Parameter wesentlich bedrohlicher sein als die Lawinengefahr. Mit entsprechenden Maßnahmen – warme Bekleidung bei Kälte, defensive Fahrweise bei wenig Schnee, im komplexen Gelände nur in Begleitung guter Skifahrer*innen abfahren – können diese Risiken wiederum gesenkt werden. Im Zweifelsfall gilt es, eine andere Linie zu wählen oder auf der Piste bzw. zu Hause zu bleiben.
Dieser Beitrag beschäftigt sich in erster Linie mit der Risikobeurteilung und Entscheidungsfindung bezüglich der Lawinengefahr: Mit Rückgriff auf die oben erwähnte Risikodefinition lässt sich die Lawinenwahrscheinlichkeit (Gefahrenstufe/Lawinenproblem) mit den Konsequenzen (Was wäre, wenn?) ins Verhältnis setzen, wodurch eine erste Risikoabschätzung möglich wird.
Die Planung eines Freeridetags wird im Idealfall mit der gesamten Gruppe durchgeführt. Alle Beteiligten sollen alle Informationen zum geplanten Vorhaben kennen und mit dem gleichen Wissen in den (nächsten) Tag starten.
Eine erste Einschätzung der Lawinengefahr verschaffst du dir mit einem Blick in die Lawinenvorhersage am Vortag. Neben der Gefahrenstufe bietet die Lawinenprognose Informationen zu den vorherrschenden Lawinenproblemen und wo diese am wahrscheinlichsten anzutreffen sind – angegeben werden dabei Höhe, Exposition und eventuell auch die Zeit (Vormittag/Nachmittag). Bei einem genaueren Blick erhältst du zum Lawinenproblem auch Informationen zur Schneedeckenstabilität, zur Häufigkeit der Gefahrenstellen und zur erwartenden Lawinengröße mitgeteilt. Je nach Ausprägung und Lawinenproblem lassen sich aus der Prognose auch bereits erste Handlungsempfehlungen ableiten. Diese Lawinenprognose gilt zwar „nur“ regional – ist also nicht speziell auf „deinen“ Hang bzw. „deine“ Abfahrt zugeschnitten –, aber für die Planung ideal geeignet. Manche Lines werden aufgrund der in der Lawinenprognose geschilderten Probleme von Vornherein ausgeschlossen werden müssen.
Im Gelände wird dann die prognostizierte Lawinen- und Wettersituation mit der tatsächlichen Situation am Berg verglichen. Gezielt wird nach Gefahrenzeichen und anderen Merkmalen gesucht, die Rückschlüsse auf die reale Situation und deren Übereinstimmungen mit bzw. Unterschiede zur Prognose zulassen
Um das mit einem Lawinenabgang zusammenhängende Risiko realistisch abschätzen zu können, sind zwei Dinge zu berücksichtigen: Das eine ist die Wahrscheinlichkeit eines Lawinenabganges, bei dem du mitgerissen werden kannst; das andere, welche Konsequenzen das für dich hat. Bei Letzterem ist das Gelände der entscheidende Parameter.
Am Ende der Beurteilung sollten wir das Gelände in eine der drei ATES-Klassen eingliedern können:
EINFACH/SIMPLE: flaches Gelände unter 30 Grad, keine wesentli- chen Einzugsgebiete, keine Absturzgefahr, Orientierung gut möglich, Nähe zu Infrastruktur (Liftanlagen)
Die herrschende Lawinengefahr, genauer gesagt die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Lawinenabganges, und die daraus folgenden Konsequenzen, also das zu erwartende Schadensausmaß, bestimmen letztendlich das Risiko. Die Lawinengefahr kannst du nicht ändern, sehr wohl aber kannst du die Auswahl des Geländes an sie anpassen. Möchtest du anspruchsvolle Runs und Lines fahren und das Risiko in einem vertretbaren Bereich halten, benötigst du die dazu passenden, sicheren Bedingungen. Wurde eine Risikobewertung anhand der Verhältnisse und des Geländes durchgeführt, kann das Risiko für dich akzeptabel sein, d.h. du kannst fahren. Schätzt du es dagegen als zu hoch ein, musst du entweder Maßnahmen setzen, um das Risiko auf das gewünschte Maß zu reduzieren, oder du verzichtest auf den Run und wählst eine andere Linie bzw. bleibst auf der Piste.
Gerade nach Schneefällen muss oft einfach noch eine Zeit lang abgewartet werden, bis sich die Situation stabilisiert und eine Abfahrt unter sicheren Bedingungen möglich wird.
Neben den situationsbezogenen Maßnahmen gilt es immer, folgende Standardmaßnahmen einzuhalten:
Neben der Lawinensituation und dem Gelände gibt es noch weitere Elemente, die ebenfalls relevant für das Risiko sind. Diese musst du im Hinterkopf behalten, wenn die Risikoeinschätzung abgeschlossen ist.
Die Erfahrung und der Ausbildungsgrad der Gruppe, genauer der Grad der Eigenverantwortung, mit der jede*r unterwegs ist, entscheiden darüber, welches Risiko eingegangen werden kann. Wenn jeder weiß, was er*sie kann und was er*sie tut, sich klar ist, welche Konsequenzen eintreten können und diese auch in Kauf nimmt, kann auch ein durchaus größeres Risiko eingegangen werden.
Das sogenannte Schutzziel für Gruppenmitglieder, die nicht eigenverantwortlich entscheiden und handeln können bzw. wollen, ist hingegen wesentlich höher. In diesem Fall wird man früher verzichten bzw. umplanen müssen. So ist beispielsweise im geführten Bereich bzw. immer dann, wenn man für andere die Verantwortung übernimmt (im Ausbildungsbereich, als Skiführer*in, wenn Kinder mit dabei sind …) ein deutlich geringeres Risiko zulässig als im privaten Bereich.
Im eigenen Interesse sollte ein höheres Risiko auch nur mit Gruppenmitgliedern eingegangen werden, die genau wissen, wie im Notfall zu reagieren ist. Relevante Fragen, um dies einzuschätzen, sind beispielsweise:
Je exponierter das Gelände ist, desto wichtiger ist die Kameradenhilfe durch die anderen Gruppenmitglieder. Nach der Abfahrt in das einsame Tal ohne Handyempfang und Sicht zum Skigebiet wird nach einem Lawinenabgang nicht rechtzeitig Hilfe eintreffen, um eine verschüttete Person innerhalb von 15 Minuten auszugraben.
Im pistennahen Variantenbereich schaut es hingegen besser aus. Pisten- und organisierte Rettung ist schneller alarmiert und rasch verfügbar, oft wird ein Lawinenabgang von anderen beobachtet und die Rettungskette in Gang gesetzt, d.h. im Idealfall ein Rettungshubschrauber geschickt. Allerdings ist ein Hubschraubereinsatz nur unter bestimmten Voraussetzungen wie gute Sicht, Flugwetter, Verfügbarkeit usw. möglich
Bei widrigen Wetter- und Sichtverhältnissen oder bei Variantenfahrten in entlegeneren Geländebereichen muss berücksichtigt werden, dass die Rettungskräfte um einiges später bzw. gar nicht alarmiert werden können. Das Risiko steigt also entsprechend, wenn man auf keine externe Hilfe setzen kann.
Wirst du von einer Lawine erfasst, bist du Passagier und befindest dich ich in potenzieller Lebensgefahr. Selbstständige Rettungs- und Befreiungsversuche können zwar erfolgreich sein, in den meisten Fällen bist du
Um im Worst Case Szenario – also einem Lawinenunfall mit verschütteten und/oder verletzten Personen – helfen zu können, ist es wichtig, theoretisches Wissen und praktische Erfahrung zu sammeln.
Selten geschehen Not- und Unfälle ohne jede Vorwarnung aus heiterem Himmel. Klar, manchmal kann man Pech haben und einfach zur falschen Zeit am falschen Ort sein.
Freerider*innen sollten Bewusstsein darüber haben, ob und welche Gefahren beim Fahren im freien Skiraum vorhanden sind bzw. sein könnten und wie man das persönliche Risiko beim Freeriden steuern kann.
Bei der Erstversorgung von verletzten Personen geht man nach dem Prioritätenprinzip vor. Eine der wichtigsten Maßnahmen und gleichzeitig jene, die jede*r durchführen soll und kann, ist es, professionelle Hilfe zu
Jede*r Schüler*in kann mit etwas Hintergrundwissen und Übung wertvolle Maßnahmen erlernen, um im Notfall auf der Skipiste Hilfe zu leisten.
Jede*r Schüler*in kann mit etwas Hintergrundwissen und Übung wertvolle Maßnahmen erlernen, um im Notfall auf der Skipiste Hilfe zu leisten.
Wirst du von einer Lawine erfasst, bist du Passagier und befindest dich ich in potenzieller Lebensgefahr. Selbstständige Rettungs- und Befreiungsversuche können zwar erfolgreich sein, in den meisten Fällen bist du aber auf die Hilfe von Anderen angewiesen.
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